Ein Dorfkirchenbau mit fürstlicher Nähe und architekturhistorischer Bedeutung
Die evangelisch-lutherische Kirche Wildbach befindet sich im Ortsteil Wildbach der Stadt Aue-Bad Schlema im Erzgebirgskreis, Sachsen. Zwischen 1804 und 1806 erbaut, diente sie lange Zeit als Hauptkirche für die ehemals schönburgischen Orte Wildbach und Langenbach. Seit den 1970er Jahren steht das Gotteshaus unter Denkmalschutz. Trotz ihrer äußerlich zurückhaltenden Erscheinung zählt die am 19.10.1806 geweihte Kirche zu den bedeutenden Sakralbauten der Region. Erbaut von Johann Traugott Lohse, dem Pionier der Kirchen- und Industriearchitektur in der Region und genutzt vom Hartensteiner Adel, birgt die unscheinbare Dorfkirche eine kunst- und kulturhistorisch bedeutsame Vergangenheit, die viele Jahrunderte zurückreicht.

Geschichte vor dem Neubau
Das aktuelle Kirchengebäude ist vermutlich das 3. Gotteshaus an dieser Stelle. Die erste Kirche entstand wahrscheinlich als hölzerner Bau bereits mit Gründung des Ortes im 12. Jahrhundert. Der Vorgängerbau der jetzigen Kirche wurde „als neue St. Marienkirche zu Wildbach“ bezeichnet. Eine Marienstatue, die die Jahre im Dachstuhl der Kirche überdauerte, wurde auf das Jahr 1310 datiert. Ab 1730 besuchten den Gottesdienst auch die Einwohner von Stein, welches gegenüber der Burg Stein gelegen neu gegründet wurde. Die alte Kirche, die vor dem Neubau bestand, wurde über die Jahrhunderte mehr und mehr baufällig; der alte Turm wurde bereits 1764 aufgrund von Baufälligkeit abgetragen. Die Glocke hing in einem separaten Schuppen neben dem Gotteshaus. Auch die Kirche selbst musste immer mehr gestützt werden.
Neubau 1804-1806
Aufgrund des Zustandes der alten Kirche war ein Neubau unvermeidlich. Baumaterial wurde bereits ab 1750 aus der nahegelegenen Isenburg gewonnen. U.a. durch den Siebenjährigen Krieg sowie unvorhergesehene Naturkatastrophen verzögerte sich der Neubau jedoch. Erst 1804 nach der Abtragung der Marienkirche konnte die Grundsteinlegung stattfinden. Als Baumeister konnte Johann Traugott Lohse gewonnen werden, der später als Pionier des sächsischen Kirchen- und Fabrikbaus dient.
Architektur und Ausstattung
Die Kirche ist ein einschiffiger Sakralbau mit rechteckigem Grundriss. Der Innenraum wird von zwei umlaufenden Emporen geprägt, die dem Raum eine besondere Atmosphäre verleihen. Das hölzerne Gestühl besteht aus einer Doppelreihe von Bänken mit kunstvoll geschnitzten Wangen, getrennt durch einen mittig verlaufenden Gang, der mit Musterteppichen ausgelegt ist.



Orgel
Ein besonderes Ausstattungsstück der Kirche ist die Orgel. Ursprünglich 1814 von Johann Andreas Hesse gefertigt, wurde sie 1909 von der Firma Julius Jahn & Sohn überarbeitet und in der Wildbacher Kirche installiert. Die Orgel erstreckt sich über die gesamte Höhe beider Emporen und wird nicht nur für Gottesdienste sondern auch für Konzerte genutzt.
Glocken
Im Kirchturm befindet sich ein Geläut aus Bronzeglocken, das die Gemeinde zu Gottesdiensten und besonderen Anlässen ruft. Historische Aufzeichnungen deuten darauf hin, dass bereits die Vorgängerkirche, die Marienkirche, über ein ähnliches Geläut verfügte.
Marienfigur
Aus den frühesten Jahren stammt eine hölzerne Marienfigur, welche durch eine dendrochronologische Untersuchung auf das Jahr 1310 datiert werden konnte und somit vermutlich auf die 2. Wildbacher Kirche verweist. Seit einigen Jahren befindet sie sich in Dresden und darf aufgrund konservatorischer Gründe nicht zurückkehren. In der Kirche ist sie nur noch auf einer Abbildung zu sehen. Mehr über die Marienstatue gibt es hier
Johann Traugott Lohse
Johann Traugott Lohse (* 15. Mai 1760 in Altenhain; † 27. Juni 1836 in Schlettau) war ein deutscher Baumeister und Architekt, der als Pionier des sächsischen Kirchen- und Fabrikbaus gilt.
Obwohl er keine akademische Ausbildung absolvierte, erlangte Lohse durch seine praktischen Erfahrungen und sein Talent Anerkennung als Architekt. Sein vielseitiges Schaffen im Erzgebirge und im Chemnitzer Umland markiert den Übergang der ländlichen Baukultur Sachsens vom Spätbarock zum Frühklassizismus.
Zu seinen bedeutenden Kirchenbauten zählen die Dorfkirche in Kleinolbersdorf (1789/1790), die Kirchen in Reichenbrand (1802–1810) und Grünhain (1808–1812) sowie der Turm- und Innenausbau der Kirche in Roßwein. Des Weiteren gestaltete er den Turmhelm der St. Annenkirche in Annaberg.
Neben sakralen Bauten war Lohse auch im Industriebau tätig und gilt als erster Repräsentant der sächsischen Industriearchitektur. Er entwarf Fabrikgebäude wie die erste sächsische Baumwollmaschinenspinnerei der Gebrüder Bernhard in Harthau bei Chemnitz (1799) und weitere Spinnmühlen in Erfenschlag, Plaue, Lugau, Mühlau sowie Schlettau.
Lohses Bauwerke zeichnen sich durch unverwechselbare Stilelemente aus, wie monumentale Säulen auf würfelförmigen Sockeln mit wulstartigen Ringen als Übergangselemente. Diese Gestaltungselemente übertrug er sowohl auf Kirchen- als auch auf Fabrikbauten, wodurch er Fabriken mit palastähnlicher Anmutung schuf.
Sein architektonisches Erbe prägt bis heute die Baukultur in Sachsen und zeugt von seinem innovativen Ansatz, der Ästhetik und Funktionalität vereinte.









Quellen:
Wikipedia
https://sites.google.com/view/wildbach-erz/h%C3%A4userchronik/pfarrkirche
Dorfchronik