Burgruine Isenstein

Ein Textbeitrag von Hans-Peter Auerswald | Brünlos

Die Isenburg, im dunklen, eingegrabenen Hartensteiner Wald an der Mulde, gehört zu den geheimnisvollsten, geheimnisumwobensten Ruinen des Erzgebirges.

Schon zahlreiche Heimatforscher haben versucht ihre Geschichte zu ergründen – und sind gescheitert.

Lange wurde die Burg mit dem ebenso berühmten erzgebirgischen Eisenweg in Verbindung gebracht. Erst die jüngere Geschichtsforschung konnte diesen Irrtum aufklären.

Die Burg steht auf einem Felssporn hoch über der Mulde und bewachte den Muldendurchgang eines uralten Fernhandelsweges, der die Städte Nürnberg, Freiberg und Bautzen schon seit ca. 800 verband.

Ihre Erbauung muss wohl weit vor 1150 gewesen sein.

Der genaue Gründungszeitpunkt der Isenburg ist mangels schriftlicher Quellen nicht eindeutig belegt. Archäologische Funde deuten jedoch darauf hin, dass sie nicht allein von Frohnbauern errichtet wurde, sondern hochqualifizierte Steinmetze, Maurer und Zimmerleute am Bau beteiligt waren. Sie gehörte immer zum  Herrschaftsbereich der Burg Stein. Der Fernhandel erfasste auch den Raum Zwickau und das Bergbaugebiet Freiberg. Später kamen die neuen Bergstädte Schneeberg, Annaberg, Marienberg, Geyer dazu, man gewinnt den Eindruck, der gesamten Erzgebirgsraum, ja ganz Sachsen ist vom Nürnberger Handel erfasst worden.

Um 1150 geriet auch diese Burg in den Sog der eisetzenden Kolonisierung und Waldrodung. Die Herrschaften der Schönburger und Meinheringer erweiterten ihr Machtgebiet von der Saale kommend, links und rechts der Mulde bis hierher in den Raum Aue. Die Region entwickelte sich als Grenzraum zwischen fränkischem und slawischem Siedlungsgebiet. Zunächst partizipierten die neuen Frohnbauern wohl vom kreuzenden Fernhandel und erwarben eiserne Werkzeuge, wie z.B.

Beilklingen, was die Waldrodung erleichterte. Bald aber begannen die Neusiedler damit, selber Eisenerz abzubauen und in Windöfen Eisen zu schmelzen. Die größer werdende bergbauliche Tätigkeit erforderte schließlich 1280 den Bau einer massiven Holzbrücke, 2,5km Flussaufwärts bei Schlema, um die eisernen Werkzeuge ins Revier Schneeberg zu bringen und das Erz zurück zu den Schmelzöfen am Dürreberg. Daher wurde die hölzerne Brücke „Eisenbrücke“ genannt. Alsbald erkannten die Fernhändler den bequemeren Weg von Lindenau aus, über die Eisenbrücke, Alberoda, Lößnitz zur Grünaer Lücke. Die ursprüngliche Route von Lindenau über Griesbach und Wildbach fiel brach. Der Pfarrer von Wildbach notiert dazu nach 1280: „… von da an klagten die Griesbacher, Wildbacher und die Langenbacher Ausspanne über ausbleibende Einnahmen …“. Doch nicht nur die Dörfer, auch die Insassen der Isenburg hatten keine Einnahmen mehr, sie konnten keinen Wegezollmehr einnehmen. Notwendigerweise wurden sie Wegelagerer und Raubritter und verunsicherten die Reisenden. Zahlreiche Beschwerdebriefe Prager Kaufleute erreichten den Markgrafen in Meißen, „…  die im dunklen Wald südlich von Stollberg gar arg bedränget und ausgeraubet …“ worden waren. Diesem Treiben setzte der frisch ins Amt gekommene Markgraf Friedrich der Freidige wohl um 1307 ein Ende, indem er kurzerhand die Isenburg einreißen ließ, um den Landfrieden wieder herzustellen. Nun fiel die Burg in einen 450-jährigen Dornröschenschlaf, verfiel zur Ruine. Lediglich der letzte Name, „Raubschloß“ blieb im Volksmund erhalten und findet sich auch auf den Karten der ersten sächsischen Landesvermessung von 1789 wieder. An ihrem Fuße konnte sie noch 1455 den berühmten sächsischen Prinzenraub erleben, indem von Mosen und von Schönfeld gegenüber in der „Prinzenhöhle“ Schutz suchten und Kunz von Kaufungen bei Grünhain an der berühmt gewordenen „Köhlerhütte-Fürstenbrunn“ gefangen genommen wurde. Diesen Prinzenraub versuchte Pfarrer Grundig 1754 endlich zu Papier zu bringen und dichtete dabei versehentlich der Burg den Namen „Eisenburg“ an.

Gleichzeitig begannen die Widbacher genau zu der Zeit, die Reste der Burg abzutragen, für den beabsichtigten Neubau des Turmes ihrer Wildbacher Kirche. Dabei fanden sie in den Mauern zahlreiche eiserne Pfeilspitzen, die wohl aus der Zeit der Erstürmung stammen. Nun gab der Volksmund aus diesem Grund der Burg den Namen Eisenburg. Als Pfarrer Oesfeld dies 1776 in seiner Chronik veröffentlichte, war der Name Eisenburg nicht mehr aufzuhalten, mit samt den falschen Mythen die ihr angedichtet wurden. Im Laufe der Jahrhunderte hat der maulfaule Volksmund sie liebevoll zur „Isenburg“ werden lassen.

Parallel zur wissenschaftlichen Erforschung entwickelte sich die Isenburg zu einem beliebten Ausflugsziel für Wanderer, Naturfreunde und Geschichtsinteressierte. Ihr malerischer Standort hoch über der Mulde, umgeben von dichten Wäldern und bizarren Felsformationen, macht sie bis heute zu einem besonderen Ort, der für Kinder besonders abenteuerlich über den alpinen „Räubersteig“ zu erreichen ist.

Von der einst stolzen Burg sind heute nur noch Ruinen erhalten – insbesondere Teile der mächtigen Ringmauer, Reste des Bergfrieds und einige Grundmauern der Wirtschaftsgebäude.

Informationstafeln am Standort geben Einblick in die wechselhafte Geschichte der Anlage und erläutern die Ergebnisse archäologischer Ausgrabungen. In den Sommermonaten finden gelegentlich Führungen und kleine Veranstaltungen auf dem Burggelände statt.

Die Ruine der Isenburg steht heute unter Denkmalschutz und ist ein bedeutender Teil des kulturellen Erbes im Erzgebirge. Initiativen von Heimatvereinen und lokalen Gruppen widmen sich der Pflege, Erforschung und touristischen Erschließung der Burgstelle. Sie setzen sich für den Erhalt der steinernen Zeugnisse vergangener Jahrhunderte ein und halten die Geschichte der Isenburg lebendig.

Die Isenburg bei Wildbach an der Mulde ist mehr als nur ein Zeitzeuge mittelalterlicher Baukunst. Sie ist ein Symbol für die wechselvolle Geschichte des Erzgebirges, für die Verbindung von Natur und Kultur sowie für das Engagement der Menschen in der Region, ihr Erbe zu erhalten. Die Ruine lädt zum Verweilen, zum Träumen und zum Nachdenken ein – über Macht und Vergänglichkeit, Aufstieg und Verfall.

So wird die Isenburg, eingebettet in eine einzigartige Landschaft und reich an Geschichte, auch in Zukunft ein Ort der Begegnung, des Staunens und der Erinnerung bleiben.

 

Hans-Peter Auerswald

Brünlos